Ein Film von
Christiane Henningsen und Babette Hnup
Kamera: Felix Korfmann
Schnitt: Julia Dickopp
Produktion: Anne Westermann (ZDF), Patrick Fuchs (SPIEGEL TV)
Redaktion: Leo Spors
Produzent: Robert Wortmann
Leitung der Sendung: Bettina Warken
Kinderarmut ist seit Jahrzehnten ein Problem im Sozialstaat Deutschland – ein „Skandal“ in den Augen vieler Experten. Die Bertelsmann-Stiftung kommt in einer Studie aus dem Sommer 2020 zu dem Ergebnis, dass die Zahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen zwischen 2,8 und 4,4 Millionen liegt. Das heißt: Jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht – und immer mehr wachsen in ärmlichen Verhältnissen auf. Denn durch die Corona Krise spitzt sich das Problem weiter zu: Die Folgen der Pandemie trifft Eltern benachteiligter Kinder besonders hart. Sie arbeiten häufiger in Teilzeit oder als Minijobber und gehören zu der Gruppe, die als erste ihren Job verlieren, kaum oder kein Kurzarbeitergeld erhalten.
Sandra und Bert leben mit ihrem dreieinhalbjährigen Sohn Tim im Hamburger Brennpunkt-Stadtteil Jenfeld. Sie sind verzweifelt, denn der Familienvater hat auf einen Schlag seinen Job als Facharbeiter in einem Betonwerk verloren. Weil Bert L. “Mist gebaut hat”, wurde er im Herbst fristlos gekündigt. Nun steht die Familie ohne jegliches Einkommen da. Wochenlang haben sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, sind am Rande des Existenzminimums. Es fehlt sogar das Geld, um Essen zu kaufen. Im Arbeitsamt erleben sie nur “Gefühlskälte und keine Unterstützung”, sagen sie. Eine Familie im emotionalen Ausnahmezustand. “Für uns ist es gerade verdammt hart, uns richtig um unseren Sohn zu kümmern - so wie er es eigentlich verdient hat”. Unterstützung erhalten sie von der Arche in Jenfeld. “Wenn es die Hilfsorganisation nicht gäbe, wären wir verhungert”, sagt Bert.

Wie wichtig solche sozialen Einrichtungen sind, erlebt auch Nicole aus Weimar jeden Tag. Die alleinerziehende Mutter hat sieben Kinder im Alter zwischen 3 und 15 Jahren. Eine Großfamilie und dann noch alleinerziehend - nach der Bertelsmann-Studie treffen sie damit gleich zwei Armutsfaktoren. Aber Nicole G. ist stark. Trotz der hohen Belastung geht sie arbeiten - 35 Stunden in der Woche: “Ich will meinen Kindern etwas bieten und ihnen vorleben, dass sich arbeiten lohnt.” Doch die Corona-Krise ist ein schwerer Schlag für sie. Nicole ist in Kurzarbeit - das Geld fehlt an allen Ecken. Während die Mutter jobbt, müssen sich die Kinder selbst versorgen. Die neunjährige Johanna ist jeden Nachmittag mit ihrer Schwester im Kinderhaus Weimar. So entgehen sie der Enge ihrer kleinen 3,5 Zimmer-Wohnung und werden betreut: ”Ich kann hier in Ruhe meine Hausaufgaben machen und es ist schön hier Freunde zu haben.” Überleben im Chaos - das ist Alltag für Nicoles Kinder.

In Ludwigshafen lebt Yvonne mit ihren drei Kindern Nele (5), Noel (9) und Luca (14). In den vergangenen drei Jahren musste die Familie einige Schicksalsschläge verdauen. Die Scheidung und lebensbedrohliche Erkrankungen ihrer Kinder Luca und Nele bedeuten harte Zeiten für alle. Die alleinerziehende Mutter sieht auch, dass ihre Kinder unter der finanziellen Situation leiden. Noel schluckt alles runter, doch der älteste Sohn Luca ist da anders: “Mich nervt es richtig, dass wir immer so wenig haben, viel weniger als meine Freunde.” Luca spielt seit neuestem Fußball, schon jetzt hat Yvonne Angst vor den vielen Anschaffungen, die damit einhergehen. Trikots, Schuhe usw. - wie soll sie das bezahlen?
Die Autorinnen Christiane Henningsen und Babette Hnup begleiten drei Familien, die von Armut betroffen sind. Der Film zeigt die Schicksale hinter der Statistik aus unterschiedlichen Perspektiven. Wie sieht Kinderarmut in Deutschland aus? Wie erleben die Familien ihren Alltag? Und inwieweit verschärft Corona die prekären Verhältnisse? Eine aufwühlende Reportage aus den Kinderzimmern in Deutschland.