
Rund 160 Stunden pro Jahr verbringt der Deutsche zwischen Kasse und Tiefkühltruhe- in seinem Lieblings-Supermarkt, in der unmittelbaren Nachbarschaft, auf dem Weg zur Arbeit oder am Urlaubsort! Hier gibt es alles, was man fürs tägliche Leben braucht.
Für den Otto Normalverbraucher zählt vor allem eins: wer ist der Günstigste im Land! Rund 417 Euro gibt der durchschnittliche Haushalt im Monat für Lebensmittel aus, so wenig wie in keinem anderen Land der EU.( Studie NIQ). Damit ist der Konkurrenzkampf im Lebensmittelhandel auch nirgendwo so heftig wie hierzulande! Und Inflation und Krisen treiben die Kosten in die Höhe.
Um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Lebensmittelhändler neue Strategien entwickeln, um Kunden zu gewinnen und langfristig zu halten.
Die STERN TV Reportage wirft einen Blick hinter die Kulissenverschiedenster Supermärkte und porträtiert 5 leidenschaftliche Lebensmittelhändler im täglichen Kampf um Kunden und Umsätze! Wir tauchen ein, in die Welt verschiedenster deutscher Supermärkte: luxuriös und erlesen wie ein Feinkosttempel, individuell wie ein Tante-Emma-Laden, mobil und von begrenzter Lebensdauer wie ein Festivaldiscounter, Multi-Kulti , oder mit deutschem Vollsortiment, direkt am Strand von Palma de Mallorca.
Mein super Markt: Konsumtempel, Arbeitsplatz, sozialer Treffpunkt- aber in Tagen wie diesen auch: Abladeort für Käuferfrust. Wie verführen die Marktchefs ihre Kunden dazu, mehr zu kaufen, als das, was auf dem Zettel steht? Welche Tricks und Kniffe wenden sie an, um neben der Konkurrenz zu bestehen, neue Kunden zu gewinnen und die Kosten zu senken? Alle kämpfen mit ähnlich schwierigen Rahmenbedingungen – doch jeder auf seine ganz eigene Art!
Robin Hertscheck, Edekaleiter aus Neubiberg:
Der »Wohlfühl-Supermarktchef«
Sein Konzept: der Kunde soll sich beim Einkauf entspannen und wie zuhause fühlen: Zimmerpflanzen, selbstgezimmerte Möbel, Massagesessel. Robin ist ein Supermarktleiter der »anderen Art«. Er schläft in seinem Jeep vor dem Markt, wäscht und trocknet seine Kleidung in den hinteren Gängen des Geschäfts und läuft am liebsten barfuß durch die Abteilungen. Der gebürtige Schwabe versteht sein Geschäft nicht als reinen Lebensmittelmarkt, sondern als Erlebniswelt und – als gemütliches Zuhause, mit grünem Mooshimmel und viel Holz, einer Kletterwand, einer »Klatschecke«, einem Buchtauschregal, Live - Musik und Bildschirmen für Videospiele. Ständig baut er um. Die Holzregale für die Waren baut er am liebsten selbst und kombiniert sie mit alten Möbeln vom Flohmarkt. Stillstand ist ein Fremdwort für Robin- täglich entwickelt er neue, kreative Geschäftsideen, um die Kunden für sich zu begeistern.
Vinzenco Andronaco, Italo- Spezialitäten -Supermärkte:
Vom Gastarbeiter zum Millionär!
Vincenzo Andronaco kommt 1970 mit 18 Jahren vom warmen Sizilien ins graue Hamburg. Aller Anfang ist schwer. Er kämpft mit der Sprache, mit dem rauen Wetter, mit dem Heimweh. Doch Vincenzo beißt sich durch. Er schuftet jahrelang auf dem Bau, spart und kauft schließlich einen kleinen Obst- und Gemüsestand. Vincenzo liebt es, sein eigener Chef zu sein. Das zahlt sich aus. Er mietet einen Stand auf dem Hamburger Großmarkt und beliefert fortan Gastronomen. Heute macht sein Familienunternehmen einen Jahresumsatz von rund 70 Millionen Euro! Die werden mit 13 Italo-Spezialitäten-Supermärkten, sogenannten »Grande Mercati«, in acht deutschen Städten, einem Online-Shop und dem Beliefern von Gastronomien mit italienischer Feinkost und Weinen erzielt. Allein in Norddeutschland bestellen knapp 500 Gastronomen.Doch ein »neues Zeitalter« steht an: Der »Cheffe«, wie ihn alle ehrfurchtsvoll nennen, will sich mehr und mehr zurückziehen und das Zepter an die nächste Generation weitergeben. Nur: wer soll der Nachfolger für dieses Imperium werden?
Dogan, Burhan und Songül Celik, Inhaber des Dogan Marktes in Hameln:
Der türkische Markt , das Herz und Wohnzimmer des Viertels!
Der türkische Supermarkt besteht seit 1980 und ist der älteste türkische Lebensmittelladen der Stadt. Seit 47 Jahren führt Familie Celik das Geschäft. Seit dem Tod des Vaters, teilen sich die drei Geschwister- Dogan, Burhan und Songül- die Verantwortung für das Erbe. Für die Geschwister eine Art Schicksal oder Vorbestimmung, eine Pflicht, man hat keine Wahl! Viel wirft der Laden nicht ab – deshalb arbeitet Schwester Songül nebenbei noch Vollzeit in einem Labor. Um trotz steigender Preise konkurrenzfähig zu bleiben, hilft Schwester Songül jeden Tag nach der Arbeit im Laden aus, füllt Waren auf oder bedient die Kunden an der Kasse. Der Markt hat 7 Tage die Woche geöffnet und ist das Zentrum der Großfamilie. Im Hinterstübchen arbeitet, kocht und isst man zusammen, auch die Kinder der Geschwister spielen dort, machen Hausaufgaben oder helfen mit im Markt. Der kleine Markt ist das Herz der Familie- doch in Zeiten der Inflation wird der Grat zwischen Gewinn und Verlust immer schmaler! Chef Dogan kommt an die Grenzen der Belastbarkeit.
Silla Voigt, deutscher Supermarkt von Palma de Mallorca:
Arbeiten, wo andere Urlaub machen!
Seit 17 Jahren steckt die gelernte Einzelhändlerin Silla Voigt ihre ganze Kraft in ihr Lebensmittelgeschäft auf Mallorca. Ihr Motto: Alles oder Nichts! Der Job ist ihr Leben. So liegt ihr letzter Urlaub auch schon 30 Jahre zurück! Sie führt 15.000 Artikel und weiß bei jedem, wo er steht. Das trainiert das Gehirn, andere machen Kreuzworträtsel, Silla sortiert Ware. Woche für Woche herrscht Chaos, wenn die Fähre anlegt und die neue Lieferung aus Deutschland kommt: Der Großteil der Kundschaft sind deutsche Auswanderer, die auf Mallorca leben. Der Laden bietet ein Stück Heimat für die deutschen Residenten. Für die einen mit Kassler, Mettwurst oder Grünkohl, für die Bayern mit Weißwurst -Senf und frischen Brezen … Man isst gern mal spanisch, aber Heimat ist eben Heimat – und genau das ist das Konzept! Doch für ihr kulinarisches Heimatgefühl müssen die Kunden bereit sein, bis zu 50 Prozent tiefer in die Tasche zu greifen. Die Transportkosten für die wöchentlichen Lieferungen aus Deutschland sind hoch und werden direkt auf den Warenpreis aufgeschlagen. Bis jetzt sind die Kunden noch bereit, fürs deutsche Lebensgefühl draufzuzahlen. Doch Silla Voigt sorgt sich um ihr Geschäft. Sie braucht dringend Mitarbeiter – am besten vom Fach. Sonst gibt es den deutschen Supermarkt bald nicht mehr!
Lidl Pop-Up- Store Rock am Ring:
Der Markt mit der kürzesten Lebensdauer!
Grillgut, Dosenbier und Schinken-Käse-Croissants – das sind die heimlichen Bestseller in der Lidl Pop-Up-Filiale beim Rock am Ring- Festival. Einmal im Jahr öffnet der Discounter mitten auf dem Partygelände seine Pforten für 80.000-! feierwütige Festivalbesucher- seine Lebensdauer: exakt 5 Tage! Der Andrang ist enorm, denn das riesige Zelt ist prall gefüllt mit günstiger Discounterware: von frischen Backwaren, Grillzubehör, Campingbedarf, Snacks und kalten Getränken, bis hin zu Hygieneartikeln gibt’s hier alles, was man von früh bis spät zum Feiern braucht. Drei Mal am Tag rollt Nachschub an, damit die Regale nicht leer werden. Für die Mitarbeiter bedeutet das: Auffüllen, Aufbacken und Abkassieren im Akkord. Stressig? Auf jeden Fall. Aber der Job ist heiß begehrt! Jedes Jahr bewerben sich mehr Mitarbeiter, als es Stellen gibt, denn der Zugang zum Festival ist für sie gratis. Bei Außentemperaturen über 20 Grad reißen sich die Kunden um Grillgut und Dosenbier – in keiner anderen Filiale auf der Welt geht an einem Tag so viel Bier über die Ladentheke wie hier. Ob in der Aufback-Station, an der Kasse oder bei der Pfandrückgabe – hier ist Teamwork gefragt, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Ein täglicher Schichtdienst bis 24h sorgt für perfekte Versorgung, fast rund um die Uhr. Wir begleiten Azubis, Schichtleiter, KassiererInnen, Camper und Festivalbesucher auf dem größten Musikfestival der Saison.