ARTE Re: Die Lebensmittel-Retter - Ins Regal statt in die Tonne

Montag, 31. August um 19.40 Uhr, ARTE

Jahrelang waren es in Deutschland die Tafeln, die überschüssige Lebensmittel einsammelten und an Bedürftige weiterreichten. Jetzt mischen sich kommerzielle Anbieter ein: Unternehmen wie „Sirplus aus Berlin und der schwedische Online-Händler „Matsmart“ treten als selbsternannte Lebensmittelretter auf und verfolgen wirtschaftliche Ziele. Droht ein Verteilungskampf in einem Markt, der bislang gar keiner war?

Jeden Monat verteilt die Berliner Tafel rund 660 Tonnen übriggebliebene Lebensmittel an rund 125 000 Bedürftige. Allein fünfzigtausend Menschen kommen zu den Ausgabestellen des Kooperationspartners „Laib und Seele“. Das oberste Prinzip: Lebensmittel gehören nicht in die Tonne, sondern auf den Tisch.

Das findet auch der Berliner Start-Up-Gründer Raphael Fellmer. Sein Unternehmen „Sirplus“ betreibt seit 2017 sogenannte Retter-Märkte in Berlin und bald auch bundesweit zusätzlich zum Online-Shop. Dort werden Lebensmittel günstig verkauft, die ansonsten weggeworfen worden wären. Der Umsatz von „Sirplus“ lag 2018 nach eigenen Angaben bei 1,2 Millionen Euro.

Mit 26 Millionen Euro Umsatz tritt nun ein Riese auf den deutschen Markt: Das bereits in Schweden fest etablierte Unternehmen „Matsmart“ eröffnet nun seinen Online-Shop in Deutschland. Der Gründer Karl Andersson ist überzeugt davon, dass man den Kampf gegen die Verschwendung nur mit den Mitteln des Marktes führen kann. „Wir kümmern uns um den Überfluss, der direkt beim Produzenten anfällt – das können schonmal 100 Paletten Ketchup sein – niemand außer uns kann mit diesen Mengen umgehen“, so Andersson.

Sabine Werth hat die deutsche Tafelbewegung vor 27 Jahren gegründet.Dass Lebensmittelrettung neuerdings als Geschäftsmodell erkannt wurde, sieht die Pionierin mit gemischten Gefühlen. Eigentlich gibt es genug für alle Akteure, doch wer wird seinen Überfluss noch spenden, wenn er ihn auch verkaufen kann?