
Der Personalmangel in den Pflegeheimen ist in der Corona-Pandemie oftmals zur tödlichen Falle geworden. Die Hälfte der über 77 000 Todesopfer kam aus den Pflegeeinrichtungen. Wie ein Brennglas hat die Pandemie bereits bestehende Defizite aufgezeigt, die schon lange zuvor bekannt waren. Auch nachdem die meisten Pflegebedürftigen und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geimpft sind, ist die Lage angespannt. Was läuft falsch in den Pflegeheimen?
In der Corona-Pandemie sind die Probleme einer dünnen Personaldecke besonders deutlich geworden. Zeitlicher Mehraufwand durch die Hygienevorschriften und krankheitsbedingter Ausfall haben eine gute Versorgung der Pflegebedürftigen immer schwerer gemacht. Demente und pflegebedürftige Menschen zu isolieren und in Quarantäne zu halten, hat sich als unmöglich erwiesen, denn menschliche Nähe ist nicht nur für die Pflege unabdingbar, sondern für die Menschen im Altenheim unverzichtbar. "Wir dürfen uns aussuchen, ob wir den sozialen oder den Corona-Tod sterben", so Heimleiter Georg Huber. Dabei war schon vor der Krise klar, dass die Pflegeheime ein Drittel mehr Personal brauchen, um die alten Menschen am Lebensende gut und respektvoll versorgen zu können. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie von Prof. Heinz Rothgang vom Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Bremen.
Doch in der Pandemie haben bisher 9000 Pflegekräfte ihren Job aufgegeben, weil sie sich überfordert und unverstanden fühlen, darunter auch viele Altenpflegerinnen und -pfleger. "Wir fahren die Altenpflege schon seit Jahren auf Verschließ", meint Rothgang. Pflegekräfte sind weit häufiger krank, als Menschen in anderen Berufen hat er festgestellt. Die Arbeitsbedingungen in der Altenpflege stehen schon lange in der Kritik, doch getan hat sich in den letzten Jahren wenig. Erst Anfang des Jahres sind die die Verhandlungen für einen einheitlichen Tarifvertrag in der Pflege gescheitert. "Ich glaube die Problematik im Gesundheitssystem wird neben dem Klima eines der Hauptthemen sein. Die Gesellschaft muss erkennen, dass jeder Pflege braucht", ist der Altenpfleger und Aktivist Stefan Heyde überzeugt.
Altenpflegerin Andrea Gabber liebt ihren Beruf. Doch auch sie kam in der Pandemie an ihre Grenzen. "Man hat immer zu wenig Zeit für die Menschen", sagt die 36jährige. "Die körperliche Pflege sehen die meisten nur, aber es ist vieles mehr. Dass man für die Menschen da ist und die Menschen auch für einen selber da sind. Dieses Geben und Nehmen ist so wichtig."
Noch immer gelten die Hygieneregeln im evangelischen Altenheim in Bergneustadt bei Gummersbach, wo Andrea Gabber seit 16 Jahren arbeitet. Nur wenige Besucher sind erlaubt und die müssen vom Personal zusätzlich zu der normalen Arbeit getestet werden. Ehrenamtliche Helfer dürfen noch nicht wieder ins Haus, auch nicht der Friseur. Heimleiter Georg Huber ist weiterhin vorsichtig. Keiner weiß bisher, wie gut der Impfschutz ist. Doch für ihn ist klar, die Politik muss handeln und den Pflegeberuf attraktiver machen, um den Personalnotstand zu beheben. "Wenn klar ist, dass 140 000 Stellen fehlen, dann war das vorher klar und dann ist das auch nach Corona klar. Dann ist das 2021 klar und dann ist das 2022 klar uns rennt die Zeit davon. Wir brauchen Unterstützung."
ZDFzoom beleuchtet wie es in der Pandemie zu derart vielen Todesfällen in den Altenheimen kommen konnte, wer dafür die Verantwortung trägt und was sich jetzt dringend ändern muss. Der Film gibt einen Einblick in den Arbeitsalltag der Altenpflegerin Andrea Gabber und macht deutlich, welche Herausforderungen auch nach der Impfung für sie und die Pflegebedürftigen bestehen. Wir fragen außerdem nach bei Politikern, Gesundheitsämtern, Wissenschaftlern, betroffenen Pflegern und Angehörigen.