Buch und Regie: Michael Kloft
Kamera: Egon Braun, Alexis Jentzsch, Ralph Klingelhöfer, Dominik van Alst
Schnitt: Monika Finneisen
Produktionsleitung: Holger Kreit
Redaktion: Sabine Bubeck-Paaz
Ihre Filme kennt wohl jeder: Auch wer "Triumph des Willens" oder die Olympiafilme nie ganz gesehen hat, ist den ikonografischen Bilder sicher schon in einer der zahlreichen Dokumentationen über Nazideutschland begegnet. Mit den nationalsozialistischen Idealen wollte die Regisseurin Leni Riefenstahl nach 1945 nichts zu tun haben. "Ich habe niemals einen Massenmord gesehen, ich habe niemals ein Konzentrationslager gesehen, ich habe niemals von Eichmann gehört", beteuerte sie bis zu ihrem Tod. Sie habe "auch keine Propagandafilme für Goebbels gedreht". Diese und ähnliche Äußerungen machen bis heute ihr Image der "Unbelehrbaren" aus, deren künstlerischen Leistungen aber immer noch als bahnbrechend gewürdigt werden.
Im Oktober 2000 stellte Leni Riefenstahl auf der Frankfurter Buchmesse ihren Bildband "Fünf Leben" vor. In der Pressekonferenz betonte die 98jährige, ihre filmische Arbeit für Hitler habe nur sieben Monate gedauert. Weil sie „Triumph des Willens“ für den Diktator gedreht habe, werde sie als "Verbrecherin" abgestempelt - dabei sei sie nie NSDAP-Mitglied gewesen und habe auch nichts "mit den grauenhaften Verbrechen im Namen des deutschen Volkes" der Nazis zu tun gehabt. In Filmen habe sie lediglich die Realität überhöht, um das Wesentliche von dem Unwichtigen zu trennen. Michelangelo habe doch auch "positive Motive" bevorzugt. Als "gemeinste Lüge" bezeichnete sie Berichte, denen zufolge sie Sinti und Roma aus einem Konzentrationslager für Dreharbeiten engagiert habe. "Ich könnte die umbringen, die so etwas behaupten", schimpfte Riefenstahl.
Sie meinte damals die Journalistin Nina Gladitz. Die Dokumentarfilmerin hatte „Zeit des Schweigens und der Dunkelheit“ gedreht, in dem Zeitzeugen – Angehörige der Sinti – darüber berichteten, dass sie, gemeinsam mit 117 anderen Sinti, von Riefenstahl für ihren Film „Tiefland“ als Komparsen aus einem KZ zwangsrekrutiert wurden. Nach Ablauf der Dreharbeiten waren alle wieder in Lager deportiert worden, die meisten nach Auschwitz, wo 80 Prozent von ihnen ermordet wurden.
Nach jahrzehntelangen Recherchen hat Nina Gladitz ein Buch geschrieben, das am 23. Oktober 2020 erscheinen wird. Auf der Basis zahlreicher unveröffentlichter Dokumente präsentiert Gladitz neue Fakten über die weltberühmte Regisseurin. Sie deckt auf, in welch erschreckendem Ausmaß die Kulturbotschafterin des Dritten Reichs in die Naziverbrechen verstrickt war. Zu den Funden zählt eine Dossier des französischen Geheimdienst vom 10. August 1945, in dem Riefenstahl als „selbstsüchtige, eingebildete, harte Frau, ohne Geist oder wahre Kultur“ bezeichnet wird, die „aber gerissen und mit einer großen Kraft der Verführung oder zumindest der Suggestion ausgestattet“ sei. „Als uneingeschränkte Bewunderin Hitlers“ habe „sie sich dennoch zum Anti-Nazi“ erklärt. („femme égoiste, vaniteuse, dure, sans esprit, ni vraie culture, mais rusée et douée d’une grande force de séduction ou tout au moins de suggestion. Admiratrice sans réserve de Hitler lui-meme, elle se déclare cependant anti-nazie.“
Nina Gladitz hat zudem in der Forschung unbekannte Dokumente über das Schicksal des Kameramanns Willy Zielke entdeckt, die belegen, wie der begabte Künstler und Regisseur von im Dritten Reich verbotenen Filmen „Arbeitslos – Das Schicksal von Millionen“ und „Das Stahltier“ von Riefenstahl ausgenutzt wurde.
Autor Michael Kloft („Das Goebbels-Experiment“) hat nicht nur Nina Gladitz ausführlich interviewt, sondern auch Dieter Hinrichs, einen engen Freund Willy Zielkes. Zu Wort kommen außerdem die Medienwissenschaftlerin Dr. Eva Hohenberger von der Ruhr-Universität in Bochum und der Historiker Dr. Jochen Böhler von der Universität Jena. Erstmals werden die bislang unveröffentlichen Dokumente zu sehen sein, die ein neues Licht auf das Leben der Regisseurin werfen, die von Filmhistorikern und Feministinnen bis heute als Legende gefeiert wird.